bkp Legal News
Wien, im Juni 2017
Klarstellungen des OGH zur Haftung eines Geschäftsführers im Hinblick auf das Fehlverhalten von Mitarbeitern
Einleitung. Trotz erfolgter gesetzlicher Klarstellung durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2015 im Rahmen der dort eingefügten Business-Judgement-Rule, ist der Geschäftsführer einer GmbH als vertretungsbefugtes Organ der Gesellschaft stets und nach wie vor mit diversen Haftungsthemen rund um seine Geschäftsführertätigkeit konfrontiert. Nunmehr beschäftigte sich der OGH erstmals mit der interessanten Frage, ob, und wenn ja, unter welchen Umständen und aus welchem Rechtsgrund ein Geschäftsführer einer GmbH für das Fehlverhalten der GmbH-Mitarbeiter haftet, und ob er im Haftungsfall erfolgreich Mitverschulden der GmbH einwenden kann.    

Grundsätzliches. Geschäftsführer einer GmbH sind der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Dies ist dann jedenfalls der Fall, wenn sich der Geschäftsführer nicht von sachfremden Interessen leiten lässt und auf der Grundlage angemessener Information annehmen darf, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (Business-Judgement-Rule). Der individuell, einzuhaltende Sorgfaltsmaßstab ist dabei im Einzelfall den jeweiligen Fähigkeiten und Kenntnissen, die von einem Geschäftsführer in dem betreffenden Geschäftszweig und nach der jeweiligen Größe des Unternehmens üblicherweise erwartet werden können, zu entnehmen.
 
Unternehmensleitungspflicht samt Überwachung. Im Rahmen dieser zuvor erwähnten Sorgfaltspflicht, ist der Geschäftsführer etwa auch zur ordentlichen und gewissenhaften Leitung des Unternehmens der GmbH und insbesondere auch zur ganz grundsätzlichen Überwachung verpflichtet. Er muss in diesem Zusammenhang etwa die Personalauswahl und Personalführung hinsichtlich der dem Geschäftsführer nachgeordneten Stellen (etwa der Mitarbeiter) angemessen gestalten und diese Mitarbeiter entsprechende anleiten und insbesondere auch kontrollieren.
 
Verschuldenshaftung. Die Haftung des Geschäftsführers in diesem Zusammenhang ist eine sogenannte Verschuldenshaftung, wobei mehrere Geschäftsführer einer GmbH der Gesellschaft gegenüber solidarisch (“zur ungeteilten Hand“) haften. Der Geschäftsführer haftet also grundsätzlich  nur bei eigenem Verschulden und nur der Gesellschaft gegenüber, grundsätzlich aber nicht den einzelnen Gesellschaftern der GmbH und auch nur sehr eingeschränkt und in Ausnahmefällen den Gläubigern gegenüber (dies etwa wenn der Geschäftsführer ein sogenanntes Schutzgesetz verletzt, welches zumindest überwiegend dem Gläubigerschutz dient, was beispielsweise dann der Fall ist, wenn der Geschäftsführer die ihn treffende Pflicht, fristgerecht einen Insolvenzantrag zu stellen, schuldhaft verabsäumt).
 
Haftung für Verschulden von Mitarbeitern. Auch der OGH bestätigt nun in seiner Entscheidung zu 6 Ob 84/16 w aus 2017, dass ein Geschäftsführer einer GmbH nur für sein eigenes Verschulden haftet und er sich demzufolge ein (fehlerhaftes) Verhalten der GmbH-Mitarbeitern grundsätzlich nicht im Sinne von Erfüllungs- oder Besorgungsgehilfen des Geschäftsführers zurechnen lassen muss (eine Zurechnung des Verhaltens der Mitarbeiter als Gehilfen findet nämlich vielmehr lediglich gegenüber der GmbH selbst statt, bei der die Mitarbeiter ja auch üblicherweise angestellt sind). Allerdings führt der OGH in diesem Zusammenhang auch aus, dass ein Geschäftsführer unter gewissen Umständen dennoch (demnach trotz grundsätzlicher Nichtzurechenbarkeit des Verhaltens der GmbH-Mitarbeiter) für das Fehlverhalten eines Mitarbeiters der Gesellschaft haften kann, und zwar dann, wenn der Geschäftsführer seine ihn aus dem GmbHG treffende Organisations- und/oder Überwachungspflicht hinsichtlich dieses Mitarbeiters schuldhaft (demnach zumindest leicht fahrlässig) verletzt. Ein sogenanntes “eklatant überschreitendes“, den Geschäftsführer treffendes Auswahl- oder Überwachungsverschulden – wie dies von Teilen der Literatur bislang vertreten wurde - ist demnach wohl laut OGH nicht (mehr) für eine Haftung des Geschäftsführers notwendig bzw. ist ein solche über die leichte Fahrlässigkeit hinausgehende Haftung zumindest der Entscheidung des OGH nicht eindeutig entnehmbar.  
 
Mitverschuldenseinwand. Aus all dem folgt laut OGH aber auch, dass sich ein schuldhaft (also zumindest leicht fahrlässig) handelnder Geschäftsführer einer GmbH (etwa durch schuldhafte Verletzung seiner Überwachungs- und Auswahlpflicht hinsichtlich der GmbH-Mitarbeiter) auch in einem allenfalls von der GmbH gegen ihn geführten Schadenersatzprozess nicht auf ein allfälliges Verschulden der nachgeordneter Mitarbeiter der GmbH als anspruchsminderndes Mitverschulden der Gesellschaft berufen kann. Vielmehr haftet der Geschäftsführer der Gesellschaft als sogenannter Nebentäter solidarisch (sofern die Anteile am Verschulden im konkreten Einzelfall unbestimmbar sind) mit dem schuldhaft handelnden Mitarbeiter, kann sich jedoch – wenn (nur) er von der Gesellschaft in Anspruch genommen wird – grundsätzlich an dem schuldhaft handelnden Mitarbeiter (iS von Mitschädigern) bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen regressieren.
 
Fazit. Geschäftsführer einer GmbH sind nunmehr noch mehr dazu angehalten, ein wirksames internes Kontrollsystem hinsichtlich der dem Geschäftsführer unterstellten, aber ihm nicht als sogenannte Erfüllungs- bzw. Besorgungsgehilfen zurechenbaren Mitarbeiter der GmbH zu schaffen, um die die Geschäftsführer treffende Organisations- und/oder Überwachungspflicht hinsichtlich der GmbH-Mitarbeiter stets und ausreichend erfüllen zu können und um der GmbH insbesondere keine Haftungsgrundlage in diesem Zusammenhang zu bieten.

Philipp Gamauf



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